Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum immer mehr Unternehmen den Mehrwert autistischer Talente entdecken und in ihre Personalstrategie integrieren? Autistische Personen bringen oft aussergewöhnliche Stärken und Fähigkeiten mit, die in vielen Organisationen noch viel zu wenig bekannt oder verstanden sind. Dabei handelt es sich nicht um ein kleines Nischenphänomen. Vielmehr zeigt sich, dass genau diese besonderen Eigenschaften und Arbeitsweisen einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil darstellen können. Autistische Talente im Unternehmen – Ein wichtiger Erfolgsfaktor.
In diesem Beitrag erfahren Sie, welche Gründe dafürsprechen, dass Unternehmen gezielt autistische Talente ansprechen, einstellen und fördern sollten. Dabei gehen wir darauf ein, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit eine fruchtbare Zusammenarbeit gelingt, und wie Sie als Arbeitgeberin oder Arbeitgeber eine inklusive Arbeitskultur schaffen können. Zu guter Letzt nehmen wir die häufigsten Vorurteile unter die Lupe und entkräften sie, damit Sie fundierte Entscheidungen treffen können.
Was bedeutet Autismus im Arbeitskontext?
Bevor wir uns den zahlreichen Vorteilen zuwenden, die Autistinnen und Autisten Ihrem Unternehmen bieten können, ist es sinnvoll, ein grundlegendes Verständnis dessen zu haben, was Autismus eigentlich bedeutet. Die sogenannte Autismus-Spektrum-Störung (auch als ASS bezeichnet) äussert sich in unterschiedlichen Ausprägungen und umfasst ein breites Spektrum an kognitiven und sozialen Besonderheiten. Nicht jede autistische Person weist dieselben Merkmale auf, dennoch gibt es einige Gemeinsamkeiten, die sich häufig finden lassen.
Zu diesen Gemeinsamkeiten gehört eine besondere Art der Wahrnehmung, die oft sehr detailorientiert ist. Autistische Menschen können häufig Informationen sehr schnell aufnehmen und weiterverarbeiten, wobei sie sich intensiv auf einzelne Aufgaben fokussieren. Infolge dessen sind sie oftmals in der Lage, hochkonzentriert über längere Zeiträume an komplizierten Projekten zu arbeiten, ohne dabei in Hektik zu verfallen. Gleichzeitig kann diese Fokussierung dazu führen, dass das „Umfeld“ manchmal ausgeblendet wird und mögliche Reize von aussen (z. B. Lärm, Licht oder unstrukturierte Kommunikation) eine zusätzliche Herausforderung darstellen.
Ein wichtiger Punkt ist, dass Sie beim Begriff „Autismus“ nicht an vereinfachende Vorurteile wie fehlende Empathie oder ausschliessliche IT-Fähigkeiten denken sollten. Denn das Spektrum ist breit: Es gibt Autistinnen und Autisten, die grossartige Designer, akribische Datenanalysten oder kreative Marketingköpfe sind. Die Fachgebiete und Talente sind so individuell wie die Menschen selbst.
Einzigartige Stärken: Hochgeschwindigkeit in Arbeit und Verarbeitung
Ein zentrales Argument für die Beschäftigung autistischer Talente ist deren oft aussergewöhnlich hohe Arbeits- und Verarbeitungsgeschwindigkeit. Einige Betroffene sprechen von einer Leistungsfähigkeit, die das 12- bis 20-Fache des Durchschnitts erreichen kann. Was bedeutet das konkret? Nehmen wir an, eine Aufgabe würde im Normalfall 12 Monate in Anspruch nehmen – eine Person im Autismus-Spektrum könnte diese womöglich in einem Monat oder sogar weniger erledigen. Wenn diese enorme Geschwindigkeit während 12 Monaten rücksichtslos eingesetzt wird, sind allerdings Burnouts und Depressionen vorprogrammiert. Diesem Umstand muss unbedingt Rechnung getragen werden, damit Sie diese Talente lange halten können und die Mitarbeitenden nicht aus missverstandener Loyalität leiden.
Der Grund hierfür liegt in der besonderen Art, wie das Gehirn Informationen sortiert und verarbeitet. Häufig steht eine stark ausgeprägte Fähigkeit zur Mustererkennung und zur systematischen Problemlösung im Vordergrund. Gerade in Bereichen wie Softwareentwicklung, Datenanalyse, Logistik oder Qualitätssicherung erweist sich dies als enormer Vorteil. Denn wo andere sich erst einarbeiten oder nach Lösungen suchen müssen, können manche Autistinnen und Autisten durch ihren detailorientierten Blick Probleme sehr schnell identifizieren und effiziente Ansätze entwickeln.
Herausforderung: Neurodivergenz und Neurotypie in Einklang bringen
So vielversprechend die Zusammenarbeit mit autistischen Talenten auch klingen mag, sie bringt auch gewisse Herausforderungen mit sich. Eine der grössten Hürden besteht darin, dass neurodivergente und neurotypische Menschen nicht immer „von Natur aus“ kompatibel sind. Das liegt unter anderem an unterschiedlichen Kommunikationsstilen. Während neurotypische Personen oft Wert auf Small Talk und Zwischentöne legen, sind Autistinnen und Autisten vielfach direkter in ihrer Sprache und kommunizieren eher sachorientiert.
Um das Potenzial wirklich nutzen zu können, sollten Sie daher eine effektive Schnittstelle schaffen. Damit ist unter anderem ein Arbeitsumfeld gemeint, das klare Regeln, Strukturen und Kommunikationswege bietet. Ein ruhiges Büro, das ausreichend Rückzugsmöglichkeiten bietet, kann beispielsweise helfen, Reizüberflutung zu vermeiden. Wichtig ist auch, dass es Ansprechpersonen gibt, die sich mit den Bedürfnissen von autistischen Mitarbeitenden auskennen und bei Konflikten oder Verständnisproblemen vermitteln können. Autistische Talente im Unternehmen können ihre Fähigkeiten nur unter den passenden Bedingungen entfalten.
Wie Sie eine inklusive Arbeitskultur schaffen
- Strukturiertes Onboarding
Ein strukturiertes Einarbeitungskonzept ist das A und O. Sorgen Sie dafür, dass neue Mitarbeitende – ob autistisch oder nicht – eine klare Übersicht über ihre Aufgaben, Ziele und Ansprechpersonen erhalten. Eine Checkliste mit verbindlichen Punkten unterstützt Transparenz und Verbindlichkeit. - Mentoring und Patenschaften
Bieten Sie neu eingestellten autistischen Fachkräften Mentorinnen und Mentoren an, die sie im Arbeitsalltag begleiten. Eine solche Patenschaft erleichtert die Orientierung, verringert Missverständnisse und fördert ein offenes Arbeitsklima. - Sensibilisierung der Belegschaft
Viele Vorurteile und Missverständnisse lassen sich durch gezielte Information und Schulung ausräumen. Erklären Sie den Mitarbeitenden, warum manche Menschen einen anderen Kommunikationsstil pflegen und welche Stärken daraus resultieren können. Eine offene Diskussionsrunde oder Workshops können hier hilfreich sein. - Flexible Arbeitsgestaltung
Autistische Talente profitieren häufig von Flexibilität in Bezug auf Arbeitszeiten und Arbeitsplätze. Wo möglich, ermöglichen Sie Homeoffice oder ein ruhigeres Büro. Geben Sie Freiräume, damit hochkonzentrierte Arbeitsphasen entstehen können, ohne Unterbrechungen durch ständigen Trubel im Grossraumbüro. - Klare Kommunikation
Autistische Menschen schätzen klare, direkte und lösungsorientierte Kommunikation. Nutzen Sie eindeutige Formulierungen, um Missverständnisse zu vermeiden. Wenn Kritik angebracht ist, sollte sie konstruktiv und sachlich vorgetragen werden.
Die Vorteile auf einen Blick
- Höhere Effizienz: Autistische Mitarbeitende können durch ihre hohe Arbeits- und Verarbeitungsgeschwindigkeit in bestimmten Bereichen die Produktivität signifikant steigern.
- Detailorientierung: Durch den oft stark ausgeprägten Blick für Details werden Fehler schneller entdeckt und Qualitätsprobleme minimiert.
- Innovationskraft: Ein anderes Denk- und Wahrnehmungsmuster fördert kreative Lösungsansätze und kann dem Unternehmen zu echten Innovationen verhelfen.
- Vielfältigere Belegschaft: Der Fokus auf Inklusion und Diversität führt zu einer offeneren, lernfreudigen Unternehmenskultur, was gerade in Zeiten des Fachkräftemangels ein wichtiger Wettbewerbsvorteil ist.
- Positives Image: Firmen, die sich bewusst für neurodiverses Personal einsetzen, geniessen ein gutes Ansehen in der Öffentlichkeit und bei potenziellen Bewerberinnen und Bewerbern.
Häufige Vorurteile und wie man sie entkräftet
- „Autistinnen und Autisten können sich nicht in Teams integrieren.“
Tatsächlich gibt es viele autistische Menschen, die erfolgreich in Teams arbeiten. Entscheidend sind klare Rollenverteilungen, Aufgabenbeschreibungen und respektvolle Kommunikation. - „Es ist zu aufwendig, ein autistisches Teammitglied zu unterstützen.“
Anpassungen am Arbeitsplatz sind oft einfacher, als man glaubt. Strukturen zu schaffen oder Rückzugsmöglichkeiten einzurichten, hilft nicht nur autistischen Mitarbeitenden, sondern allen, die in Ruhe arbeiten wollen. - „Autistinnen und Autisten haben kein Interesse an sozialen Kontakten.“
Autistische Menschen legen oft Wert auf authentische und ehrliche Beziehungen. Nur weil sie sich nicht immer auf Small Talk einlassen, bedeutet das nicht, dass ihnen soziale Kontakte unwichtig wären. - „Die Leistungen von Autistinnen und Autisten sind nur in der IT gefragt.“
Der IT-Bereich ist zwar ein bekanntes Beispiel für erfolgreiche Beschäftigung. Doch autistische Personen können ebenso gut im Marketing, im Personalwesen, im Design, in der Forschung oder in der Qualitätskontrolle glänzen. Das Spektrum an Fähigkeiten ist breit gefächert.
Fazit und Ausblick
Autistische Talente im Unternehmen einzusetzen ist weit mehr als eine soziale Wohltat. Es ist eine strategische Entscheidung, die in Zeiten des Fachkräftemangels und rasanter Marktveränderungen zunehmend an Bedeutung gewinnt. Viele Autistinnen und Autisten bringen Eigenschaften mit, die in modernen Arbeitswelten kaum wegzudenken sind: schnelle Auffassungsgabe, präzise Detailarbeit, hohe Resilienz gegenüber Routinetätigkeiten und innovative Lösungsansätze.
Damit die Zusammenarbeit gelingt, braucht es jedoch Offenheit, Sensibilität und eine bewusste Gestaltung des Arbeitsumfeldes. Wo diese Rahmenbedingungen gegeben sind, entsteht für beide Seiten eine Win-win-Situation: Autistische Fachkräfte können ihre Potenziale entfalten, während Unternehmen in hohem Masse von ihrer besonderen Denkweise profitieren.
Wie denken Sie darüber? Sind Sie bereit, den Schritt in eine inklusivere Zukunft zu gehen und Ihre Unternehmenskultur auf ein neues Niveau zu heben? Wenn Sie neugierig geworden sind, schauen Sie sich doch einmal die Möglichkeiten an, die eine gezielte Förderung autistischer Mitarbeitender in Ihrem Betrieb eröffnen könnten. Das könnte eine der besten Investitionen in die Zukunft Ihres Unternehmens sein.
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